Weitere Aussichten heiter bis wolkig

Das Team Multi Asset Strategy & Research geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das erste Quartal 2026.

Horizonte | Kapitalmarktausblick

Anleihen

Auf den Punkt

  • Sichere Staatsanleihen versprechen nur im Vereinigten Königreich nennenswerte nominale Erträge, real und aus Euro-Perspektive bleibt die Anlageklasse unattraktiv.

  • Korrekturen bei europäischen Unternehmensanleihen könnten Einstiegschancen bieten, insbesondere im Hochzinssegment.

Neues Jahr mit teils altbekannten Themen

Auf politischer Ebene bleiben vertraute Themen virulent. Beispielsweise werden steigende Staatsverschuldungen dies- und jenseits des Atlantiks, zollbedingte Inflationsrisiken in den USA und das im Mai anstehende Amtszeitende von US-Notenbankpräsident Powell auch 2026 für Gesprächsstoff an den Märkten für Staatsanleihen sorgen. Das Segment der Unternehmensanleihen wiederum steht nach einer erfreulichen Entwicklung vor der Frage, wo trotz inzwischen niedriger Renditeaufschläge Chancen zu finden sind. Somit befinden wir uns am Beginn eines herausfordernden Anleihejahres – wo sehen wir in diesem anspruchsvollen Umfeld Opportunitäten?

Sichere Staatsanleihen: Steilere Kurven in Euroland und den USA

Nachdem die Fed ihrer Zinssenkung vom September 2025 zwei weitere Senkungen von jeweils 25 Basispunkten folgen ließ, rechnen wir für 2026 angesichts einer erwarteten US-Inflation von knapp unter 3 % mit nur noch einer Zinssenkung. Auch in der Eurozone sollte die Zentralbank in den kommenden Monaten keinen Bedarf für eine Zinssenkung haben. Zwar steigen die Preise hierzulande nicht stärker als von der EZB angestrebt, doch positive Konjunkturüberraschungen und eine von der deutschen Ausgabenpolitik gestützte wirtschaftliche Erholung lassen keine dringende Notwendigkeit für eine monetäre Unterstützung erkennen. Vielmehr dürfte sich die Zinsstrukturkurve weiter versteilern, denn anders als am kurzen Ende werden die konjunkturelle Belebung und die öffentliche Verschuldung die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen moderat steigen lassen. Für US-Treasuries rechnen wir mit einem etwas stärkeren Renditeanstieg. Im Ergebnis dürften weder mit deutschen noch mit amerikanischen Staatspapieren attraktive Erträge erzielt werden. Bewegt man sich vom europäischen Festland auf die britische Insel, stellt sich das Bild anders dar. Die Bank of England dürfte ihren Leitzins senken. Trotz leicht steigender Kapitalmarktrenditen ergibt sich für UK-Gilts aufgrund des auskömmlichen Niveaus der laufenden Verzinsung die Perspektive auf eine insgesamt attraktive nominale Wertentwicklung. Zu beachten bleibt allerdings das Risiko von Wechselkursschwankungen; darüber hinaus muss noch die Inflationsrate in Rechnung gestellt werden. Aus Euro-Perspektive bleiben sichere Staatsanleihen somit durch die Bank hinweg wenig attraktiv und sind allenfalls als Absicherungsinstrument für temporäre Rückschläge an den Risikomärkten geeignet.

Sichere Staatsanleihen: reif für die Insel?

Wertentwicklung 10-jähriger Staatsanleihen, Gesamteffekt aus Kurs- / Renditeveränderung, Kuponertrag und Roll-down-Effekt

Zeitraum: 10.12.2020–10.12.2025, Renditen in lokaler Währung
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen, ICE BofA Staatsanleihe-Indizes (7–10 Jahre, TR)

Prognosen: Leitzinsen und Staatsanleiherenditen (in %)

Berenberg- und Konsensprognose im Vergleich, Werte zur Jahresmitte und zum Jahresende 2026

* Durchschnitt, Konsens per 11.12.2025, ** Einlagesatz
Quelle: Bloomberg

Unternehmensanleihen: Vorsichtig optimistisch

Sowohl im letzten Quartal als auch im Gesamtjahr 2025 haben sich Unternehmensanleihen im Investment Grade - wie auch im Hochzinssegment erneut behauptet. Allerdings sind die Risikoaufschläge im Zuge der jüngsten Aktienmarktkorrektur leicht gestiegen. Zugleich musste der Markt ein hohes Volumen an Neuemissionen aufnehmen, was jedoch keine Belastung darstellte, da Investmentfonds im Credit-Segment weiter Zuflüsse verzeichneten. Perspektivisch dürfte sich dieser Trend fortsetzen, da die Renditen von Festgeldanlagen nach den Zinssenkungen der EZB inzwischen wenig interessant sind und Anleger vermehrt nach höher verzinsten Alternativen suchen. Viele richten dabei ihren Fokus auf absolute Renditen, während Risikoaufschläge („Credit Spreads“) nach wie vor unattraktiv bleiben und zur Vorsicht mahnen. Andererseits sprechen bei Euro-Hochzinsanleihen mehrere Faktoren für strukturell niedrigere Credit Spreads, darunter ein höherer Anteil besicherter Anleihen und ein historisch geringes Zinsänderungsrisiko. Im Investment Grade-Bereich dominierte das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Allein die drei AA-gerateten Emittenten Meta, Google und Amazon nahmen im Laufe des Jahres mehr als 100 Mrd. US-Dollar über Anleihen und Privatplatzierungen auf. Kritisch hinterfragt wurden die bis zu vierzig Jahre langen Laufzeiten im Verhältnis zu den technologischen Lebenszyklen. Allerdings reagierten die Investoren aufgrund der guten Bonität der Emittenten gelassen auf den Verschuldungsanstieg, sodass die im November begebenen Anleihen stark nachgefragt wurden. Angesichts des weiterhin hohen Investitionsbedarfs sollten die KI-bezogenen Finanzierungsaktivitäten am Anleihemarkt auch 2026 auf hohem Niveau bleiben. Wir bleiben für Finanzanleihen positiv gestimmt. Zwar hat die EZB zuletzt betont, dass sich Banken auf Finanzkrisen vorbereiten sollten, wobei geopolitische Spannungen, veränderte Handelspolitiken sowie Klima- und Naturkatastrophen als Herausforderungen eine besondere Rolle spielen. Insofern könnte ein für die kommenden Monate geplanter Stresstest zu höheren Kapitalanforderungen für Banken führen, was langfristig jedoch vorteilhaft für Gläubiger wäre. Für defensivere Anleger sehen wir zudem Pfandbriefe und Covered Bonds als attraktiv an. Gegenüber Staatsanleihen bieten sie trotz niedriger Risikoaufschläge eine in negativen Marktphasen geringere Volatilität sowie in vielen Fällen eine Top-Bonitätsnote bei gleichzeitigem Renditevorteil gegenüber Staatspapieren bester Qualität.

Insgesamt blicken wir daher für 2026 verhalten positiv auf die Märkte für Unternehmensanleihen. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu Staatspapieren, deren Kreditqualität durch die zunehmende öffentliche Verschuldung, schwaches Trendwachstum und mangelnden politischen Reformwillen auch strukturell weiter unter Druck geraten könnte. Im Kreditsegment stufen wir dagegen temporäre Korrekturen als Gelegenheiten ein, um Risiken selektiv aufzustocken.

Euro-Hochzinssegment hat sich strukturell verbessert

Der Anteil besicherter Anleihen ist kontinuierlich gestiegen, wohingegen die modifizierte Duration und somit die Zinssensitivität gefallen ist

Zeitraum: 01.01.2000 – 30.11.2025
Quelle: ICE, Index: ICE BofA Euro High Yield Index (HE00)

KI-Investitionen treiben Neuemissionen im Technologiesektor

Megainvestitionen in KI-Infrastruktur sorgen für rekordverdächtiges Neuemissionsvolumen bei „Hyperscalern“

Zeitraum: 01.01.2020 – 30.11.2025
Quelle: Bloomberg, *Emittenten: Amazon, Apple, Alibaba, Meta, Booking, Electronic Arts, HP Enterprises, Microsoft, Netflix, Roper, Tencent, Uber

Fazit: Moderate Zuversicht jenseits sicherer Staatsanleihen

Unternehmensanleihen bieten trotz wenig attraktiver Risikoprämien interessante Renditen, das Hochzinssegment hat zudem in puncto Besicherung und Zinssensitivität strukturelle Verbesserungen erfahren. Hier sehen wir ebenso selektive Opportunitäten wie bei Finanzanleihen. Vorsichtigere Anleger können ihren Blick darüber hinaus auf Covered Bonds richten, die gegenüber Staatspapieren einige Vorteile aufweisen. Letztere sollten in turbulenten Marktphasen ihren Sicherheitscharakter beweisen, jenseits dessen bleiben sie unter Berücksichtigung von Inflation und Wechselkursrisiken unattraktiv.

Autoren

Martin Mayer
Senior Portfoliomanager Multi Asset
Felix Stern
Leiter Fixed Income Euro Ausgewogen