
Frau Mantzel, Sie verantworten das Team Private Markets Solutions bei Berenberg. Können Sie uns erläutern, was wir uns darunter vorstellen können und welche Aufgaben Ihr Team genau hat?
Berenberg offeriert den Kunden im Wealth Management in Privatmarktanlagen zu investieren. Unser Team ist dafür verantwortlich den Zugang zu diesen Anlagen zu ermöglichen. Unter dem Sammelbegriff Privatmarktanlagen versteht man nicht öffentlich gehandelte Investitionen in Immobilien und Beteiligungen an Unternehmen, sowohl auf der Eigenkapital- als auch auf der Fremdkapitalseite. Des Weiteren werden regelmäßig auch Beteiligungen an Infrastrukturprojekten in dieser Kategorie zusammengefasst. Es gibt darüber hinaus eine Reihe von Subkategorien, so unterscheidet man beispielsweise im Segment Private Equity die Strategien Buyout, Growth und Venture je nach Entwicklungsphase des Unternehmens.
Die Anlagemöglichkeiten stammen dabei sowohl aus unserem Haus als auch von Kooperationspartnern. So legt unser Cor-porate Banking etwa Private-Debt-Fonds auf, in die professionelle und fallweise semiprofessionelle Anleger investieren können. Grundsätzlich selektieren und prüfen wir die Angebote für unsere Kunden und unterstützen die Kollegen im Wealth Management in Bezug auf das Investment sowie das Onboarding der Kunden im Falle einer Zeichnung.
Inwiefern grenzen sich Private Market von Public Market Investments ab und sind diese für alle Anlegergruppen geeignet?
Wenn wir über Private Equity sprechen, reden wir über Eigenkapitalbeteiligungen, also Anteile an Unternehmen wie Aktien. Im Unterschied zu den öffentlichen Märkten sind die Unternehmen, an denen man sich beteiligt, jedoch typischerweise nicht börsennotiert – die Eigenkapitalbeteiligung ist damit nicht öffentlich handelbar. Das gilt auch für Private Debt. Dies sind Fremdkapitalbeteiligungen, welche anders als klassische Unternehmens- oder Staatsanleihen, nicht öffentlich handelbar sind.
Privatmarktanlagen eignen sich im Grundsatz für den langfristigen Vermögensaufbau aller Anleger. Häufig stehen sie aber nur vermögenden oder institutionellen Anlegern offen. Das liegt daran, dass diese, wie bereits ausgeführt, nicht einfach handelbar und damit illiquide sind. Investoren sollten also einen langfristigen Anlagehorizont und vor allem die finanziellen Mittel mitbringen, um diese Liquiditätsrisiken ausgleichen zu können. Daher empfehlen wir bei solchen Anlagen eine ausführliche Beratung zu nutzen.
Welchen Mehrwert bieten Investitionen in Privatmärkte?
Privatmarktanlagen erschließen Anlegern große Teile der Volkswirtschaft, die über öffentliche Märkte und Börsen nicht abgebildet werden. Vielen Unternehmen ist der mit einer Börsennotierung verbundene Aufwand sowie die Einhaltung umfangreicher Veröffentlichungspflichten zu hoch. Insbesondere, da es attraktive alternative Finanzierungsmöglichkeiten an den Privatmärkten gibt. So ist in den letzten Jahren zu beobachten, dass sich ein größerer Teil der Wertschöpfung weg von den Börsen und hin zu den Privatmärkten verschiebt. Als Investor bekomme ich durch Privatmarktanlagen Zugang zu diesem Segment, was wiederum einen positiven Effekt auf mein Portfolio hat.
Woran liegt dieser positive Portfolioeffekt?
Durch Privatmarktanlagen kann ich mein Portfolio weiter diversifizieren, also Risiken breiter verteilen und damit eine Zielrendite mit geringerem Risiko erreichen oder bei gleichem Risiko eine höhere Rendite erzielen. Die weniger häufige Bewertung der Anlagen führt zusätzlich dazu, dass die Hysterie, die wir von Zeit zu Zeit an der Börse sehen, nicht oder nur abgemildert in den Preisen des Privatmarkt-Investments reflektiert wird. Das kann neben der Illiquidität den Anlegern helfen, auch in schwierigeren Phasen an den Anlagen festzuhalten. Das darf aber nicht den Schein erwecken, dass das zugrunde liegende ökonomische Risiko geringer ist als von öffentlich gehandelten Beteiligungen. Eine Eigenkapitalbeteiligung bleibt eine Eigenkapitalbeteiligung, ob börsennotiert oder nicht.
Zusätzlich zur Diversifikation können Private Market Investments Anlegern auch zusätzliches Renditepotenzial eröffnen. Neben der Illiquiditätsprämie, also einem Renditeaufschlag dafür, dass die Anlagen nicht beliebig aufgelöst werden können, haben Investoren etwa durch Investments in Private-Equity-Fonds die Chance, eine sogenannte wirtschaftlich erklärbare Überrendite zu erwirtschaften. So setzen Private-Equity-Fonds in ihrer Rolle als strategischer und finanzstarker Partner oftmals ambitionierte Wachstumsstrategien in Unternehmen um und können so an ihre Kapitalgeber wiederum attraktive Renditen ausschütten.
Kürzlich hat ihr Team die Kooperation mit BlackRock auf Privatmarktanlagen ausgedehnt. Hier ermöglichen Sie nun Investitionen über ELTIFs. Was hat es mit dem neuen Vehikel für Privatmarktanlagen auf sich und welcher Vorteil bietet sich Anlegern?
ELTIFs haben das Ziel, den Zugang zu Privatmarktanlagen zu demokratisieren. Die Europäische Union hat mit dieser Fondsstruktur einen regulatorischen Rahmen geschaffen, der es nun auch vermehrt Privatanlegern ermöglicht, in Private Assets zu investieren. Dabei ging es der Politik insbesondere darum, mittleren und kleinen Unternehmen leichter Zugang zu Finanzierungen zu verschaffen, aber auch gleichzeitig Kapital von Kleinanlegern durch geringere Einstiegssummen zu mobilisieren. Daneben bringt der ELTIF aus unserer Sicht einige interessante Eigenschaften mit, die wir gerne als Convenience- oder Bequemlichkeitsfaktoren bezeichnen. Im Gegensatz zu den traditionellen geschlossenen Beteiligungen wird der ELTIF wie ein klassischer Publikumsfonds im Depot verbucht. Damit gibt es keine zusätzlichen Legitimationspflichten, keine abwei-chenden steuerlichen Ausprägungen und bei den meisten angebotenen Fonds keine unregelmäßigen Kapitalabrufe. Investoren sind somit direkt voll investiert. Zudem geht der Trend aktuell klar in Richtung semiliquider Fonds, also „Evergreens“. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu geschlossenen Beteiligungen regelmäßig Liquiditätsfenster angeboten werden und der Fonds in der Regel auch keine begrenzte Laufzeit aufweist
Ein Blick nach vorne: Wie könnte sich der Markt rund um Private Investments in den nächsten Jahren entwickeln? Wie schätzen Sie die Entwicklung des ELTIF-Marktes in Deutschland und Europa ein?
Inzwischen sind mehr als 230 Fonds in Europa als ELTIFs zugelassen und viele Anbieter stehen noch in den Startlöchern. Einige Fonds befinden sich in der Aufbauphase und sind daher noch mit längerfristigen Verkaufsbeschränkungen belegt. Darüber hinaus haben sich in der Strukturierung der Fonds noch keine einheitlichen Standards wie bei klassischen Publikumsfonds gebildet. Vorreiter bei der Nutzung von ELTIFs sind Italien und Frankreich. Hier haben sich diese Fonds schon frühzeitig etabliert. Zudem haben europaweit tätige digitale Plattformen ELTIFs kürzlich in ihre Angebotspalette integriert. Bis August 2025 wurden bei der ESMA bereits so viele ELTIFs registriert wie im gesamten Jahr 2024.
Ich erwarte daher, dass sich ELTIFs auch in Deutschland zunehmend durchsetzen und sich außerdem die Standards in der Strukturierung an die der Publikumsfonds annähern werden. Aus unserer Sicht bieten ELTIFs viele Vorteile für die langfristige Vermögensbildung und den Aufbau einer individuellen Altersvorsorge. Anleger dürften in ein paar Jahren aus einer hinreichend großen Anzahl von etablierten und im Wettbewerb stehenden ELTIFs auswählen können, um sich daraus ein diversifizierten Portfoliobaustein bilden zu können. Alternativ können sie sich auch für einen sogenannten Multi-Asset-ELTIF entscheiden. Diese bündeln die verschiedenen Segmente wie Private Equity, Private Debt, Infrastruktur oder Immobilien in einem Fonds. Einige solcher Vehikel wurden zuletzt lanciert oder befinden sich derzeit in der Auflage.
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