Auf den Punkt
Die Weltwirtschaft dürfte 2026 ähnlich wie 2025 wachsen, doch die regionale Dynamik verschiebt sich. Europa holt dank Investitionsprogrammen etwas auf.
Geldpolitik, Inflation und die US-Zwischenwahlen werden nächstes Jahr im Fokus stehen. Allerdings dürfte die Makro-Unsicherheit etwas abnehmen und die Märkte mehr idiosynkratisch als 2025 getrieben sein.
Wir bevorzugen weiterhin Aktien und Edelmetalle, gestützt durch solide nominale Unternehmensgewinne und finanzielle Repression. Ohne eine straffere Geldpolitik der Federal Reserve oder eine Rezession sollten Anleger Aktien nicht untergewichten.
Portfoliopositionierung auf einen Blick
Dank unseres konstruktiven Blicks auf Aktien und Edelmetalle haben sich unsere Multi-Asset-Portfolios im vierten Quartal sehr positiv entwickelt. Der kleinere Abverkauf im November hat unsere Portfolios dank breiter Diversifizierung kaum getroffen. Zum Jahreswechsel halten wir an unserer Aktienübergewichtung fest, ohne große regionale Präferenz. Freundliche Unternehmensausblicke, eine niedrige Anlegerpositionierung sowie Unterstützung durch Aktienrückkaufprogramme stimmen uns positiv. Bei unverändertem Ausblick wäre ein Rücksetzer aus unserer Sicht sogar eine Kaufgelegenheit. Allerdings sind wir sehr wachsam im Hinblick auf Konjunktur- und Bewertungsrisiken.
Unsere Auffassung, dass im Umfeld explodierender Staatsschulden und strukturell erhöhter Inflation Sachwerte gegenüber nominellen Staatsanleihen bevorzugt werden sollten, spiegelt sich deutlich im Portfolio wider. Unser größtes Übergewicht besteht entsprechend nach wie vor bei Edelmetallen. Anleihen, insbesondere Staatsanleihen, sind dagegen untergewichtet. Bei Anleihen bevorzugen wir Pfandbriefe, Hochzinsanleihen sowie Nischensegmente wie Lokalwährungsanleihen aus den Frontier-Märkten oder Katastrophenanleihen.
Berenberg Asset-Allokation
Rückblick viertes Quartal – gesunde Korrekturen
Das vierte Quartal war durch mehr Volatilität gekennzeichnet. Nachdem Gold und auch andere Edelmetalle von September bis Mitte Oktober eine phänomenale Rally hingelegt hatten, kam es anschließend zu deutlichen Gewinnmitnahmen. Gold gab von seinem Allzeithoch nahezu 10 % ab, erholte sich danach aber wieder deutlich und liegt nun in Euro gemessen mehr als 40 % im Plus seit Jahresanfang. Die globalen Aktienmärkte gaben etwas zeitverzögert ab Mitte November aufgrund von zunehmenden Sorgen um Tech-Bewertungen sowie wegen dem temporären Auspreisen von Fed-Zinssenkungen nach, erholten sich aber ebenfalls, als klar wurde, dass die Fed die Zinsen im Dezember höchstwahrscheinlich doch senken wird. Alle drei Aktienregionen legten im vierten Quartal um mehr als 3 % zu. Insgesamt war das vierte Quartal positiv für unsere strukturellen Übergewichte, Aktien und Gold, jedoch durch eine erhöhte Volatilität geprägt. Anleihen traten hingegen auf der Stelle.
YTD-Gewinner haben in Q4 weiter zugelegt: Edelmetalle und Aktien vorne, Öl hinten, US-Dollar hat sich etwas erholt
Konjunkturausblick – leichte, regionale Verschiebungen
Die Weltwirtschaft dürfte 2026 ähnlich wie 2025 wachsen, doch die regionale Dynamik verschiebt sich: Durch einen schwächer werdenden Arbeitsmarkt sowie durch eine nachlassende Binnennachfrage dürfte die US-Wirtschaft etwas an Schwung verlieren. Europa dürfte durch Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur eine leichte Erholung erleben. China und Asien dürften insgesamt resilient bleiben, wohl gestützt durch den im Frühjahr 2026 zu verkündenden 15. Fünfjahresplan Chinas mit Fokus auf KI, Hightech und Produktivität. Künstliche Intelligenz bleibt weltweit ein Wachstumstreiber durch massive Kapitalinvestitionen in Datenzentren und Energieinfrastruktur. Im Vorfeld der Zwischenwahlen im November wird sich das Weiße Haus voraussichtlich auf die Eindämmung von zollbedingter Inflation konzentrieren. Wir halten weitere Lockerungen bei einigen Handelsabkommen und Maßnahmen zur Preisdeckelung bei Lebensmitteln für möglich. Schließlich dürfte die Entwicklung der US-Inflation im neuen Jahr einen großen Einfluss auf den Ausgang der Wahlen haben – und da hat Donald Trump einiges gut zu machen. Seine Zustimmungswerte sind gerade beim Thema Teuerung im Laufe des Jahres regelrecht abgestürzt. Höhere Zölle, eine lockerere Fiskalpolitik und restriktivere Einwanderungsregeln dürften die Inflation anheizen, auch wenn der konjunkturelle Nettoeffekt weniger eindeutig ist. Deregulierung und KI-Produktivitätsgewinne dürften dem entgegenwirken. Zudem dürfte Trump alles versuchen, die Energiepreise niedrig zu halten. Bislang sind die Inflationserwartungen verankert geblieben – auch dank der Glaubwürdigkeit, die Zentralbanken über Jahrzehnte aufgebaut haben. Doch die Unabhängigkeit der Geldpolitik kann nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden – in einer Welt, in der auch Politiker großer Industrieländer wie die USA zunehmend unorthodoxe Positionen vertreten.
Kaum Impulse von Wachstumsveränderungen für die Märkte
Die Konsensus-Wachstumserwartungen (%) der Volkswirte waren zuletzt recht stabil; 2026 Wachstum auf ähnlichem Niveau erwartet wie 2025
Trump muss bei dem Thema Inflation liefern
Nettozustimmung nach Politikthemen (%)
2026 dürfte mehr Mikro-getrieben sein
Die US-Geldpolitik unter einem neuen Fed-Vorsitzenden ab Mai sowie pro-zyklische Stimulierungsmaßnahmen dürften eine günstige Grundlage für die Kapitalmärkte schaffen: Die Märkte können sich von den globalen Makrothemen 2025 abwenden und sich stattdessen auf branchenspezifische Mikro-Themen konzentrieren, die in den nächsten zwölf Monaten die Renditen treiben dürften. Im Gegensatz zu 2025, als Handelskonflikte und politische Unsicherheit das Geschehen vor allem im ersten Halbjahr dominierten, dürften die Märkte 2026 stärker ihren eigenen Gesetzen folgen. Wir gehen davon aus, dass die Marktbreite nächstes Jahr wieder etwas zulegen dürfte, sollte die Fed die Geldpolitik weiter lockern. Dann hätten viele Sektoren, die in den letzten Jahren wegen der hohen Zinsen geschwächelt haben, Aufholpotenzial – vor allem auch Nebenwerte.
Aktien und Gold bevorzugt, aber mit weniger Potenzial 2026
Wir gehen davon aus, dass 2026 ein positives Kapitalmarktjahr wird, allerdings mit moderaterem Aufwärtspotenzial für Aktien und Gold als in diesem Jahr. Die Volatilität dürfte ansteigen – nicht zuletzt wegen der US-Zwischenwahlen im November, die historisch für eine erhöhte Marktunruhe sorgen. Tatsächlich waren die letzten beiden Zwischenwahljahre 2018 und 2022 für Aktienanleger alles andere als positiv. Dennoch sprechen mehrere Faktoren für risikobehaftete Anlagen: Fiskalische Dominanz, finanzielle Repression und hohe Haushaltsdefizite begünstigen weiterhin reale und knappe Vermögenswerte gegenüber dem US-Dollar und Staatsanleihen. Der Dollar sollte sich mittelfristig weiter abschwächen, allerdings deutlich moderater als in diesem Jahr. Solange keine Finanzkrise mit stark steigenden Anleiherenditen eine fiskalische Korrektur in den USA oder Teilen Europas erzwingt – ein langfristiges Risiko, das wir aber kurzfristig nicht erwarten – dürfte der Bullenmarkt bei Aktien und Edelmetallen 2026 anhalten. Wie wir in der Vergangenheit argumentiert haben: Ohne eine straffere Geldpolitik der Federal Reserve oder eine Rezession sollten Anleger Aktien nicht untergewichten. Ohne eines dieser Szenarien macht es weiterhin Sinn, Aktien mindestens neutral zur Benchmark zu halten. Zwar ist nach der starken Erholung seit April und angesichts hoher Bewertungen eine Gegenbewegung wahrscheinlicher geworden, doch dürfte Präsident Trump mit Blick auf die Zwischenwahlen unterstützend für Konjunktur und Märkte agieren. Deshalb sollte man sich nicht zu pessimistisch gegenüber Risikoanlagen positionieren. Historisch laufen Aktien in Zwischenwahljahren bis März/April gut. Danach wird es volatiler, und erst nach den Wahlen geht es wieder aufwärts. Ein Muster, das wir uns auch für 2026 vorstellen können.
Bei Staatsanleihen erwarten wir, dass das Wechselspiel zwischen Wachstumssorgen und Inflationsängsten die Anleihe-renditen wie in diesem Jahr in einem bestimmten Band hält. Eine M&A-Renaissance sowie vermehrt kreditfinanzierte KI-Investitionen dürften zudem zu weiteren IG-Spreads und einer größeren Heterogenität bei Unternehmensanleihen führen.
Aufwärtspotenzial wohl limitiert nächstes Jahr
US-Zwischenwahljahre gehen tendenziell mit niedrigeren Aktienmarktrenditen einher; Gesamtrendite pro Kalenderjahr seit 2000
Autor

Ulrich Urbahn
Ulrich Urbahn arbeitet seit Oktober 2017 für Berenberg und ist zuständig für quantitative Analysen sowie die Entwicklung strategischer und taktischer Allokationsideen und ist in die Kapitalmarktkommunikation eingebunden. Er ist Mitglied des Asset Allocation Committee und Portfoliomanager von flexiblen Multi Asset Strategien. Nach seinen Diplomen in VWL und Mathematik an der Universität Heidelberg war er mehr als zehn Jahre bei der Commerzbank unter anderem als Senior-Cross-Asset-Stratege tätig. Ulrich Urbahn ist CFA-Charterholder und gehörte bei der renommierten Extel-Umfrage jahrelang den drei weltweit besten Multi-Asset-Research-Teams an.
