Der Direct Investment Day stand in diesem Jahr unter dem Motto „IPO-Comeback 2025 – Chancen für Wachstumsunternehmen und Bestandsinvestoren“. Drei Unternehmen hatten die Gelegenheit, in Pitch-Vorträgen und persönlichen Meetings ihr Geschäftsmodell vorzustellen. Im Anschluss stand eine Diskussion mit den Unternehmensvertretern auf der Agenda. Geleitet wurde sie von Andreas Franzen, Head of Equity Capital Markets bei Berenberg. Alle drei teilnehmenden Unternehmen diskutierten die schwierige Marktlage und die geringe Zahl an IPOs der letzten Jahre – sowohl im Hinblick auf Börsengänge als auch auf Finanzierungsrunden. Dennoch waren ihre eigenen Unternehmen und ihre jeweilige Strategie davon kaum betroffen: Zwei von ihnen konnten sogar sehr erfolgreich neue Finanzierungsrunden abschließen. Abschließend zeigten sich alle drei Unternehmen – trotz unterschiedlicher Branchenzugehörigkeit – ausgesprochen optimistisch in Bezug auf die Zukunft. Sie sind überzeugt, dass Europa und insbesondere Deutschland wieder stärker wachsen werden als in den vergangenen Jahren. In diesem Zusammenhang beschäftigen sie sich kontinuierlich mit der Frage, inwiefern ein Börsengang ihren Wachstumsweg unterstützen kann – und wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, sowohl mit Blick auf den Markt als auch auf die eigene Unternehmensentwicklung. Die Schlussworte zum Ende des ersten Tages oblagen schließlich Dennis Nacken, der bei Berenberg den Bereich Single Family Office Investment Advisory verantwortet.
Politische Zeitenwende: Implikationen für die Kapitalmärkte
Dennis Nacken war es auch, der gemeinsam mit Klaus Naeve, Head of Wealth and Asset Management bei Berenberg, die Teilnehmer zum zweiten Konferenztag begrüßte.
Im Anschluss analysierte der Chefvolkswirt des Hauses, Dr. Holger Schmieding, in seinem Vortrag zur „Politischen Zeitenwende“ die geopolitischen und wirtschaftlichen Verschiebungen – und ihre Konsequenzen für Europa und die Kapitalmärkte.
Die USA bleiben aus seiner Sicht wirtschaftlich führend, kämpften jedoch mit politischen Selbstzweifeln und einer zerrissenen Gesellschaft. China habe zwar in den vergangenen Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht, stehe aber inzwischen vor strukturellen Herausforderungen wie einer alternden Bevölkerung, sinkender Produktivität und einem politischen Führungsstil, der wirtschaftliche Dynamik behindert. Russland sei militärisch noch bedeutsam, wirtschaftlich jedoch längst abgehängt.
Europa dagegen werde oft unterschätzt – trotz klarer Standortvorteile wie stabiler Institutionen, sozialer Sicherheit und politischer Berechenbarkeit. Besonders positiv hob Schmieding Ostmitteleuropa und Südeuropa hervor, wo sich nach der Schuldenkrise eine bemerkenswerte wirtschaftliche Erholung zeige.
Die Zeiten bleiben unruhig, so Schmiedings Fazit. Doch wer sich breit aufstellt, langfristig denkt und Europas Stärken erkennt, bleibt auch in der Zeitenwende auf Kurs.

Welche drei Risiken erachten Sie für die nächsten 5 Jahre am größten?
Dreifachnennung
Effizienz, Strukturen, Vertrauen: Erfolgsfaktoren im Family Office
Wie unterschiedlich Family Offices organisatorisch aufgestellt sein können, zeigte die anschließende Podiumsdiskussion mit Vertretern zweier renommierter Single Family Offices, die von Dennis Nacken moderiert wurde. Trotz grundverschiedener Voraussetzungen – hier eine kompakte Struktur mit acht Personen, dort ein gewachsenes System für eine hohe Zahl von Familienmitgliedern – steht für beide Family Offices das Thema Effizienz im Zentrum.
Eines der beiden Single Family Offices agiert mit einem nach Funktionen getrennten Team und starkem Outsourcing. Es investiert weltweit über ein Netz aus Investmentgesellschaften, mit Fokus auf das bestehende Netzwerk aus Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz. Der Schlüssel zum Erfolg: klare Rollenverteilung, wenig Personalfluktuation und möglichst digitale beziehungsweise effiziente Systeme und Prozesse auf Basis einer externen Global-Custody-Plattform und Wertschriftenbuchhaltung. Dadurch lassen sich komplexe Vermögensverhältnisse in Echtzeit abfragen – bis hin zur konsolidierten Übersicht auf dem Smartphone.
Das andere Single Family Office hingegen verfolgt einen abweichenden Ansatz: Es betreut viele verschiedene Vermögensinhaber innerhalb einer großen Familie und bietet skalierbare Dienstleistungen an – von der Vermögensstrukturierung über das Reporting bis hin zu individuellen Projekten. Die Herausforderung besteht darin, Individualisierung und institutionelle Schlagkraft zu verbinden. Auch hier wird stark auf externe Partner gesetzt, ergänzt durch ein internes Kompetenzzentrum, das weiter ausgebaut wird.
Einigkeit herrschte in einem Punkt: Gute Teams machen den Unterschied – und sind gerade im sensiblen Umfeld privater Vermögen ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor.
Welche drei Prozesse Ihres Family Office haben aus Ihrer Sicht die größten Optimierungspotenziale?
Dreifachnennung
Passiv investieren im Family Office: Optimized Tracking: individuell, steuercharmant & kostengünstig
Philipp Löhrhoff, Portfoliomanager bei Berenberg und Leiter des Multi Asset Solutions Teams, stellte im nächsten Vortrag vor, wie sich passive Mandate über Einzelaktien individuell strukturieren lassen – inklusive steuerlicher Vorteile und Absicherungslösungen. Denn passive Aktienstrategien gewinnen weiter an Bedeutung – gerade auch für professionelle Investoren wie Single Family Offices. Doch viele von ihnen haben spezifische Anforderungen, die klassische ETFs nicht abbilden können.
Statt eines standardisierten ETF-Investments biete der Ansatz des „Optimized Index Tracking“ eine maßgeschneiderte Replikation gängiger Indizes – zum Beispiel MSCI World oder S&P 500 – über Direktanlagen in Aktien. Das ermögliche nicht nur Transparenz, sondern auch die gezielte Steuerung von Kriterien wie ESG, Branchengewichtung oder Währungsrisiken. Besonders für Investoren mit GmbH-Strukturen ergeben sich dabei zudem steuerliche Vorteile, wie Löhrhoff erläuterte: Kursgewinne auf Einzeltitel seien zu 95 Prozent steuerfrei, während dies bei ETFs nur eingeschränkt der Fall ist. Das Halten von Einzeltiteln anstatt eines ETFs oder Aktienfonds könne für Investoren zudem Vorteile bei einer möglichen Wegzugsbesteuerung geben.

Welche Rolle spielt passives Investieren in Ihrer Anlagestrategie?
Transformationsprozess im Family Office
Einer der sensibelsten Prozesse in einem Family Office ist der Übergang von einer Generation zur nächsten. In der auf den Vortrag folgenden Podiumsdiskussion sprach Moderatorin Jeannette Nippert, bei Berenberg im Bereich Single Family Office Investment Advisory tätig, mit einer Beraterin für Familienstrategie, dem Geschäftsführer eines Single Family Office und einem Prinzipal der NextGen, welcher das eigene Single Family Office leitet. Das Credo der Runde: Es braucht Struktur, Offenheit – und vor allem Vertrauen, damit Transformation gelingt.
Die Beraterin für Familienstrategie verwies auf die zentrale Bedeutung von gemeinsam entwickelten Werten und Zielbildern, um größere Familien dauerhaft zusammenzuhalten. Für die nächste Generation müsse das Family Office nicht nur als Verwaltungsorgan, sondern als Teil ihrer Zukunft erlebbar werden. Die eigentliche Governance – Rollen, Strukturen, Zuständigkeiten - sei erst in einem zweiten Schritt sinnvoll zu definieren.
Ein weiterer Punkt: Auch die leitenden Mitarbeitenden im Family Office haben eine Schlüsselrolle im Übergangsprozess. Sie sind häufig langfristige Vertrauenspersonen und Brückenbauer zwischen den Generationen. Ihre Fähigkeit, Wandel konstruktiv zu begleiten, ohne in alte Strukturen zu verfallen, trägt maßgeblich zur Kontinuität der Zusammenarbeit bei – und verlangt neben fachlicher Kompetenz ein hohes Maß an Empathie und Kommunikation.
Ein weiterer Konsens: Der Anstoß für die Einbindung der Next Gen sollte frühzeitig erfolgen – idealerweise durch die Eltern selbst. Gleichzeitig sei eine externe Begleitung oft hilfreich, um Neutralität zu gewährleisten und einen strukturierten Dialog zu fördern.
Wie sieht die aktuelle Struktur in Ihrem Single Family Office aus, und welche Rolle spielt die NextGen darin?
Wenn Übernahmen zur Assetklasse werden – Merger Arbitrage als Stabilisator im Family Office Portfolio
Merger Arbitrage ist eine Investmentstrategie, die auf Übernahmeprozesse von Unternehmen setzt – und dabei Renditen erzielt, die weitgehend unabhängig von Markt- oder Zinszyklen sind. Die beiden Berenberg Portfoliomanager Oliver Scharping und Leonard Keller zeigten in ihrem Vortrag auf, wie sich diese Strategie systematisch umsetzen lässt – auch für anspruchsvolle Investoren wie Family Offices.
Der Kern des Ansatzes: Investiert wird erst ab dem Zeitpunkt, an dem eine Übernahme öffentlich angekündigt wurde. Der Aktienkurs des Zielunternehmens springt in der Regel, bleibt aber leicht unter dem gebotenen Kaufpreis. Diese Differenz – der sogenannte „Spread“ – lässt sich vereinnahmen, sobald der Deal erfolgreich abgeschlossen wird. In einem diversifizierten Portfolio aus 30 oder mehr laufenden Transaktionen entsteht so eine marktneutrale Renditequelle mit historisch sehr hoher Abschlusswahrscheinlichkeit.
Die Strategie biete mehrere Vorteile: Sie korreliert kaum mit Aktien oder Anleihen, weist eine geringe Volatilität auf und kann in Stressphasen Stabilität ins Portfolio bringen. Selbst in Krisenjahren wie 2008 oder 2022 konnten Merger-Arbitrage-Strategien positive Jahresrenditen erzielen – ein Argument für ihre Rolle als ergänzende Komponente in der strategischen Asset Allocation.
Merger Arbitrage sei kein „Wundermittel“, wie Scharping und Keller betonten – aber ein robuster Baustein für liquide Portfolios. Wer langfristig plant und das Umfeld schwankender Märkte aktiv gestalten will, finde hier eine erprobte Ergänzung zur klassischen Asset Allocation.

Welche Renditeerwartungen (p.a.) als EUR-Investor (p.a.) hätten Sie an eine risikoaverse marktneutrale Strategie, wie zum Beispiel Merger Arbitrage?
Update Real Estate Markt ‚Vintage 2025‘: Opportunitäten für Family Offices
Im Wandel befindet sich derzeit der deutsche Immobilienmarkt. In seinem Vortrag analysierte Ken Zipse, der bei Berenberg den Bereich Real Estate verantwortet, die aktuelle Marktlage. Er zeigte auf, wo sich trotz Unsicherheit selektive Chancen für Family Offices bieten.
Zentraler Befund: Trotz Zinssenkungen hat sich bei den für Immobilien relevanten langfristigen Bauzinsen kaum etwas bewegt. Die Hoffnungen vieler Marktteilnehmer auf sinkende Finanzierungskosten haben sich also nicht erfüllt. Auch die Projektentwicklerbranche bleibt unter Druck. Die Grundstückspreise sind zwar deutlich gefallen, die Baukosten jedoch weiterhin hoch. Nur ausgewählte Projekte sind unter diesen Bedingungen wirtschaftlich umsetzbar.
Im Segment Gewerbeimmobilien herrscht Zurückhaltung, während sich insbesondere der Markt für Wohnimmobilien dynamisch zeigt. Transaktionen nehmen spürbar zu und die Mieten steigen in nahezu allen Segmenten – getragen von anhaltendem Wohnraummangel und gedämpftem Neubau. Family Offices engagieren sich hier zunehmend antizyklisch, oft in Premiumlagen oder besonders wachstumsstarken Regionen.

Wie schätzen Sie den aktuellen Zeitpunkt für den (Wieder-)Einstieg in den Immobilienmarkt ein?
Mobilität, Erben & Schenken: aktuelle steuerrechtliche Fragestellungen im Family Office
Im letzten Vortrag des Tages stand die steuerliche Strukturierung von Vermögensübertragungen im Fokus – besonders im internationalen Kontext ein zentrales Thema für viele vermögende Familien. Referentin war hier eine Steuerberaterin und Assoziierte Partnerin einer renommierten Kanzlei mit dem Schwerpunkt Nachfolgeplanung in Frankfurt. Sie zeigte auf, welche Fallstricke lauern und welche Strukturen helfen, um Vermögen kontrolliert in die nächste Generation zu übertragen.
Ein Schwerpunkt ihres Vortrags lag auf verschiedenen Vermeidungsstrategien der Wegzugsbesteuerung für wesentliche Kapitalgesellschaftsbeteiligungen (§ 6 AStG) vor dem Hintergrund der zunehmenden Mobilität von Unternehmerfamilien. Wer seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, muss bei wesentlichen Beteiligungen auf Unternehmenswerte unter Umständen einen fiktiven Veräußerungsgewinn versteuern, obwohl tatsächlich kein Verkauf stattfindet – sogenanntes „dry income“. Dieses Risiko lasse sich z. B. durch die Übertragung auf eine inländische Familienstiftung vor dem Wegzug vermeiden. Außerdem erläuterte sie Alternativen wie Nießbrauchsgestaltungen, gewerbliche Personengesellschaften oder Wohnsitzmanagement.
Welche Themen sind für Ihr Family Office im Zusammenhang mit einem Wegzug aus Deutschland besonders relevant?
Auch beim Erben zeigt sich: Frühzeitige Strukturierung ist entscheidend, während beim Schenken neben der steuerlichen Strukturierung auch Governance-Fragen im Fokus stehen: Wie lassen sich zum Beispiel Minderjährige einbinden, ohne Entscheidungsprozesse zu erschweren? Die Referentin zeigte Gestaltungen mit „Golden Share“ und kreativer Stimmrechtsverteilung – auch für sehr junge Nachfolger – auf.
Aufgrund von bestehenden Rechtsänderungsrisiken – unter anderem im Zusammenhang mit einem anhängigen Bundesverfassungsgerichtsverfahren zum erbschaft- bzw. schenkungssteuerlichen Verschonungssystem für Betriebsvermögen – empfahl die Referentin, die derzeit bestehende Begünstigungsregelungen zügig zu nutzen.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen, Referenten und Mitwirkenden ganz herzlich für die gelungene Veranstaltung. Wir freuen uns schon auf die 5. Berenberg Single Family Office Konferenz, die am 22. und 23. April 2026 stattfinden wird.