Horizonte Q1│2024 - Aktien

Aktienindizes dürften 2024 moderat steigen

Prof. Dr. Bernd Meyer und Team geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das erste Quartal 2024.

Auf den Punkt

  • Begrenztes Gewinnwachstum im Jahr 2024 dürfte Aufwärtspotenzial bei Aktien limitieren. Zumal sich die Bewertungen zumindest in den USA nicht ausweiten dürften.

  • Europa und vor allem Nebenwerte mit mehr Bewertungsausweitungspotenzial, da schon viel Negatives eingepreist ist.

  • Unser Fokus liegt auf Quality-Growth-Aktien, die nicht mehr durch steigende Zinsen belastet werden sollten.

  • Value-Regionen wie Lateinamerika und Großbritannien finden wir als Beimischung weiterhin attraktiv.

Zweigeteiltes viertes Quartal

Der von uns für den Herbst avisierte Rücksetzer ist tatsächlich eingetreten. Von der Spitze gaben die großen Aktienmärkte mehr als 10 % nach, ehe Anfang November eine starke Erholungsrallye einsetzte – getrieben vor allem durch fallende Zinsen und eine niedrigere Volatilität. Lateinamerika setzte seine Outperformance fort und bleibt eine der besten Regionen weltweit. Eurozonen-Aktien schlossen zu US-Aktien wieder auf. Nebenwerte und asiatische Schwellenländer bleiben hingegen die relativen Verlierer 2023.

Moderate, negative Gewinnrevisionen für 2024 wahrscheinlich

Der Konsensus ist optimistisch und erwartet nach einer Gewinn­-stagnation dieses Jahr ein Wachstum der globalen Gewinne von ca. 9 % für 2024 inklusive einer Margenausweitung. Das halten wir aus mehreren Gründen für zu ambitioniert. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich laut unseren Ökonomen im ersten Halbjahr abschwächen. Immer noch erhöhte Lohninflation und steigende Refinanzierungskosten der Unternehmen zusammen mit der nun stärker einsetzenden Disinflation dürften das Gewinnwachstum
limitieren. Vor dem Hintergrund dürften die Gewinnmargen bestenfalls stabil bleiben, sodass das Gewinnwachstum dem Umsatzwachstum entsprechen dürfte. Entsprechend rechnen wir mit einem globalen Gewinnwachstum von 4-6 % im Jahr 2024.

Bewertungsausweitung wohl nur in Europa möglich

Die jüngste Rallye war stark bewertungsgetrieben. So steht das Forward-KGV für den S&P 500 nun wieder bei 19, oberhalb des historischen Durchschnitts von 17. Ein Treiber waren die starken Zuflüsse dieses Jahr in US-Fonds, insbesondere Tech – der einzige Aktiensektor mit massiven Zuflüssen dieses Jahr, dank KI-Euphorie. Damit dürfte es ohne sehr stark fallende Zinsen keine große Bewertungsausweitung geben. Andere Segmente, wie europäische Aktien und Nebenwerte, sind hingegen günstig im Vergleich zur eigenen Historie bewertet. Sie preisen einen Wirtschaftsabschwung bereits ein und sind in internationalen Portfolios unterrepräsentiert. Sollten unsere Ökonomen recht behalten und sich das europäische Wachstum ab dem zweiten Quartal 2024 wieder beschleunigen, dürften nicht nur die Gewinne, sondern auch die Bewertungen europäischer Unternehmen steigen. Vor allem die tendenziell zinssensitiven Nebenwerte haben relatives Aufholpotenzial. So handeln europäische Small Caps auf KGV-Basis mit einem Abschlag von 5 % ggü. den Large Caps. Würden wir zum Durchschnitt der letzten 20 Jahre zurückkehren, hätten Nebenwerte ein relatives Aufholpotenzial von mehr als 20 %. Wir sehen das als große Opportunität für 2024 an.


Heterogene Aktienmarktperformance in Q4

Europa und USA mit teils deutlichen Gewinnen, Asien nahezu unverändert

Zeitraum: 11.12.2018-11.12.2023
Quelle: Bloomberg * KBV = Kurs-Buchwert-Verhältnis; Div. = Dividendenrendite (%); KGV = Kurs-Gewinn-Verhältnis. Werte basieren auf Schätzungen für die nächsten 12 Monate.

Nachzügler dürften 2024 besser abschneiden

Nächstes Jahr dürfte unserer Meinung nach die Marktbreite wieder ansteigen und damit die Nachzügler von 2023 Aufholpotenzial besitzen. Dafür spricht, dass die „Magnificient 7“ ein starker Konsensus-Trade sind, der viele Zuflüsse 2023 gesehen hat, und die Bewertungen teilweise das gewiss hohe zu erwartende Gewinnwachstum vorwegnehmen. Wir mögen neben Nebenwerten mit gesunden Bilanzen vor allem auch Unternehmen aus der Gesundheitsbranche und Aktien mit China-Bezug, wie beispielsweise Luxusgüterhersteller. Unser Fokus liegt klar auf europäischen Quality-Growth-Werten, die nun keinen Gegenwind mehr durch steigende Zinsen verspüren und von ihren überdurchschnittlich hohen Gewinnwachstumsraten profitieren dürften. „Value“-Regionen wie Lateinamerika und Großbritannien mögen wir weiterhin aus Diversifizierungsgründen. Allerdings wird das Aufwärtspotenzial auch durch eine niedrige Risikoprämie für Aktien, ein nur mäßiges Gewinnwachstum 2024 und Anzeichen dafür, dass der Markt bereits eine sanfte Landung einpreist, begrenzt. Insgesamt erachten wir somit sowohl das Potenzial aufwärts (Gewinne, Bewertungen, optimistische Anlegerstimmung) als auch abwärts (Positionierung nicht extrem, Zentralbanken wohl unterstützender) für Aktien als begrenzt. Ein moderater Rücksetzer in H1 nach der starken Rallye seit Oktober 2023 angesichts sich abkühlender Wirtschaftdaten scheint uns nicht unwahrscheinlich. Zumal auch der US-Präsidentschaftswahlkampf in seine heiße Phase geht. Dieser dürfte naturgemäß für etwas Volatilität an den Märkten sorgen.


Europäische Small Caps sind historisch attraktiv

Relative Bewertung von europäischen Small Caps vs Large Caps auf KGV-Basis (Monatsdaten)

Zeitraum: 30.11.2003–30.11.2023
Quelle: Factset, eigene Berechnungen

Prognoseübersicht: Aufwärtspotenzial limitiert

Berenberg- und Konsensprognose im Vergleich, Werte zur Jahresmitte 2024 und zum Jahresende 2024

*  Durchschnitt, Konsensus Bottom-up per 11.12.2023
Quelle: Bloomberg, Factset, Berenberg

Was die Unternehmen bewegt

Positive Vorzeichen

In unseren Gesprächen mit Unternehmen im Rahmen von Konferenzen und Einzelgesprächen äußerten sich Unternehmenslenker mit ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zum kommenden Jahr. In der Halbleiterindustrie verdichten sich die Anzeichen, dass 2024 eine Erholung der Nachfrage einsetzen sollte. Wesentliche Treiber sind die starke Erholung im Segment der Speichermedien, nachdem vorhandene Überkapazitäten abgebaut wurden. Auch aus der Private-Equity-Industrie sind wieder positivere Stimmen zu vernehmen, da sich das Umfeld für Transaktionen schon jetzt aufhellt und auch im kommenden Jahr eine Auflösung des Deal-Rückstaus erwartet wird. Im Bereich der Luxusgüter machte sich hingegen die temporäre Abschwächung des Konsumenten, insbesondere in den USA, bemerkbar. Die führenden Unternehmen der Branche sehen dies jedoch nur als temporäre Abschwächung und nicht als strukturelles Problem. Losgelöst von Wirtschaftsdaten, wird der Gesundheitssektor aktuell von den Debatten um die neuen Adipositasmedikamente von Novo Nordisk und Eli Lilly sowie von deren erwarteten negativen Auswirkungen auf Bereiche der Medizintechnik dominiert. Abschließend lässt sich festhalten, dass nach den Zinsanpassungen der letzten Monate, 2024 vor allem die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen im Fokus stehen dürfte.

- Matthias Born, CIO Aktien

Autor

Urbahn Ulrich
Ulrich Urbahn
Leiter Multi Asset Strategy & Research