Prof. Dr. Bernd Meyer und Team geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das dritte Quartal 2025.

Unser Marktausblick - jedes Quartal neu

Horizonte Q3 | 2025

Lesedauer:15 MIN

Kernaussagen des Ausblicks

Warten auf mehr Klarheit

Im dritten Quartal sollte sich die mittelfristige Zollsituation langsam klären. Anleger dürften sich auf Trumps Steuerpläne fokussieren. Die Wirtschaftszahlen und Unternehmensergebnisse für das zweite Quartal dürften aufgrund von Zolleffekten weiter schwer interpretierbar bleiben und wenig Klarheit bieten. Die US-Wirtschaft scheint sich zu verlangsamen, der Aufschwung in Europa ist zögerlich.

Bullenjahr bleibt zäh

Anlegerstimmung und -positionierung sind nicht optimistisch, so dass zunehmende Klarheit Chancen auf eine weitere Erholung bei Aktien bietet. Die Saisonalität ist für Aktien im dritten Quartal aber traditionell schwach, und die Unsicherheit bleibt erhöht, Trump bleibt unberechenbar.

Risiko von den Zinsen

Die weltweit steigenden Fiskalausgaben machen eine Rezession unwahrscheinlicher. Das unterstützt Aktien, Gold und Rohstoffe. (Staats-)Anleihen hingegen sind die Leidtragenden, da mehr Angebot auf weniger Nachfrage trifft. Die Inflation dürfte strukturell erhöht bleiben. Wir sehen in steigenden US-Renditen ein Hauptrisiko für die Märkte.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

das zweite Quartal brachte an den Märkten viel Hin und Her, aber kaum echte Fortschritte. Trumps „Liberation Day“ am 2. April war kein Befreiungsschlag, sondern ein Paukenschlag. Die angekündigten Zölle lösten die schnellste und stärkste Korrektur der Aktienkurse seit der Corona-Krise aus. Die Verunsicherung war so groß, dass Trump diese Zölle nur wenige Tage später für 90 Tage aussetzte. Die amerikanischen Sparanstrengungen (DOGE) verfehlen die hochgesteckten Ziele und dürften im Sande verlaufen. Die geplanten Steuersenkungen dürften stattdessen das Haushaltsdefizit ausweiten. Die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen stiegen, der US-Dollar schwächte sich weiter ab, und die Wachstumserwartungen wurden reduziert. Dies drückte zusammen mit Fördererhöhungen durch die OPEC den Ölpreis bis der Israel-Iran-Konflikt diesem neuen Rückenwind gab. Mit der Pause im Zollstreit erholten sich die Aktienmärkte und setzen auf Handelsabkommen. Sie stehen nun unweit der Niveaus vom Quartalsbeginn. Gold ist und bleibt der Hauptgewinner dieses Umfelds.

Die Unsicherheit dürfte auch im dritten Quartal deutlich erhöht bleiben. Solange die Märkte nicht stark negativ reagieren, wird Trump wohl weiterhin versuchen, durch Drohungen die Position der USA in den Zollverhandlungen zu verbessern. Erst mit dem Abschluss von Handelsabkommen dürfte mehr Klarheit entstehen. Die Auswirkungen des Zollstreits auf die Konjunktur und die Unternehmen werden sich im dritten Quartal mehr und mehr zeigen, allerdings werden die Daten aufgrund von Verzerrungen rund um die Zölle kein klares Bild abgeben. Seit der Erholung ab Mitte Mai setzen die Aktienmärkte bereits auf eine Beruhigung im Zollstreit. Die Bewertung von Aktien, besonders in den USA, ist unverändert hoch, während die Gewinnwachstumserwartungen für 2025 rückläufig sind. Und die Unterstützung durch niedrigere Energiepreise ist vorerst wieder dahin. Aus unserer Sicht wäre es jedoch falsch, zu pessimistisch gegenüber Aktien zu werden. Es gibt viele unterstützende Faktoren: fiskalische Anreize in Deutschland, Steuersenkungen in den USA, die globale Lockerung der Geldpolitik des letzten Jahres, ein Produktivitätsschub durch künstliche Intelligenz und erhöhte staatliche Ausgaben im Vorfeld der Zwischenwahlen und des 250-jährigen Jubiläums der USA. Zudem könnten auch noch positive Impulse von Deregulierungsbemühungen in den USA und vielleicht sogar in Europa ausgehen. Weniger wahrscheinlich, aber dennoch unterstützend, wären Konjunkturprogramme in China und Japan sowie der Abbau von Zöllen. Zudem ist die Anlegerstimmung und deren Positionierung, insbesondere von systematischen Strategien, nicht optimistisch. Wir halten daher an unserer Prognose fest, dass dieses Jahr ein Bullenjahr wird, wenn auch ein zähes. Stärkere Rückschläge dürften Kaufgelegenheiten bieten. Wir bleiben skeptisch bei (US-)Staatsanleihen und bevorzugen stattdessen Sachwerte wie Aktien, Edel- oder Industriemetalle.

Im Insights-Interview erörtert Tobias Schäfer, Leiter Fondsstrategien und Managerselektion, welche Trends die Fondslandschaft derzeit bestimmen, worauf es bei der Fondsauswahl ankommt und was unsere jüngst gestartete fondsbasierte Vermögensverwaltungsstrategie „Berenberg Go“ auszeichnet.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

Prof. Dr. Bernd Meyer

Chefanlagestratege Wealth and Asset Management

Herausgeber

Prof. Dr. Bernd Meyer
Chefanlagestratege und Leiter Multi Asset
Telefon +49 69 91 30 90-225

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