Trotz einer Vielzahl von wirtschaftlichen, finanziellen und (geo-)politischen Risiken überwiegt beim Blick auf das kommende Jahr insgesamt die Zuversicht. Auch 2026 drohen der Welt weder eine tiefe Rezession noch eine große Inflationswelle. Wir erwarten stattdessen für die Weltwirtschaft ein in etwa normales Wachstum, das nahezu dem Zuwachs des Jahres 2025 entsprechen dürfte.
Die Niedrigzinsen vieler Zentralbanken sowie die expansive Fiskalpolitik in den USA und Deutschland werden die Konjunktur auf beiden Seiten des Atlantiks stützen. Zudem besteht die Chance, dass US-Präsident Trump seine aggressive Zollpolitik 2026 etwas zügeln könnte. Denn die zollbedingte Inflation wird im Vorfeld der Kongresswahlen im November immer mehr zu einem Problem für seine Republikaner.
Mit ihrem flexiblen Arbeitsmarkt und dem Investitionsboom rund um künstliche Intelligenz können die USA auch 2026 wieder ein Wachstum von knapp 2 % erreichen. Allerdings bremsen Trumps Zölle und sein hartes Vorgehen gegen Einwanderer die Konjunktur. Letztlich bedeutet Trump für die USA weniger Wachstum bei höheren Preisen. Zudem untergräbt er langsam das Vertrauen in den US-Dollar.
China kommt auf keinen grünen Zweig. Den staatlich subventionierten Erfolgen in der Hochtechnologie steht eine hohe Jugendarbeitslosigkeit gegenüber. Das Geld, mit dem China seine industriellen Überkapazitäten aufbaut, fehlt anderswo im Land. Bei schwacher Binnenwirtschaft dürfte sich das Wachstum unter 5 % einpendeln.
Der europäischen Industrie weht der Wind aus Übersee scharf ins Gesicht. Bei rückläufigen Ausfuhren in die USA und China muss das Wachstum aus der Binnenwirtschaft kommen. Die Reformerfolge in Südeuropa sowie die niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank und der deutsche Fiskalimpuls sprechen dafür, dass die Euro-Wirtschaft 2026 in etwa mit ihrer Trendrate von 1,2 % zulegen kann. Mit 0,8 % bleibt Deutschland erneut dahinter zurück, aber weniger als in den Vorjahren.
Hohe Staatsschulden werden auf Dauer die Wirtschaft belasten, in den USA mehr noch als in Europa. Aber sofern die USA und Frankreich ihre Fehlbeträge im Staatshaushalt nicht noch weiter ausufern lassen oder ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch eine fehlgeleitete Politik erheblich weiter schwächen, zeichnet sich vorerst noch keine Schuldenkrise ab.
Nach dem Kursfeuerwerk des Jahres 2025 ist die Luft an den Finanzmärkten dünner geworden. Bei einem erheblichen Rückschlag, der die US-Konjunktur hart treffen könnte, würde allerdings die US-Fed mit großen Liquiditätsspritzen und Niedrigzinsen eingreifen. Das begrenzt die Risiken. Normales Wachstum stützt die Kurse.
In einer Welt im Umbruch sind Risiken und Chancen ausgeprägter als üblich. Handelskriege könnten Europa erneut belasten. Und sollte Trump die US-Hilfe für die Ukraine einstellen, könnte eine Niederlage der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland Europa in schwere Turbulenzen stürzen. Dagegen könnte eine für die Ukraine akzeptable Lösung Europa insgesamt etwas voranbringen.


