
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
für Anleger war 2023 besser als 2022. Europäische und US-Aktien, viele Anleihesegmente und Gold entwickelten sich positiv. Doch war es kein einfaches Jahr – vieles kam anders als gedacht. Europa kam gut durch den Winter, rutschte dafür im 2. Halbjahr in Richtung Rezession. Die China-Erholung nach Ende der Corona-Beschränkungen war nur kurz, und die US-Wirtschaft blieb – trotz der Bankenkrise im Frühjahr – bemerkenswert robust, auch dank der Liquiditätsunterstützung durch die Fed. Das Narrativ an den Märkten wechselte ständig, Anleiherenditen schwankten stark. Die Zentralbanken haben die Zinsen stärker angehoben als erwartet. Realrenditen stiegen weiter und belasteten wie bereits 2022 besonders zinssensitive Anlagen, auch die von uns favorisierten Qualitäts- und Wachstumstitel sowie Nebenwerte. Die Marktbreite war sehr gering, wenige große Aktien machten das Gros der Gesamtmarktentwicklung aus. Was diese Entwicklungen für die Berenberg Multi-Asset-Strategien bedeutet und welche Anpassungen wir vorgenommen haben, erkläre ich im Insights-Interview.
Mit Blick auf 2024 vertritt das Gros der Anleger, Bankökonomen und Marktstrategen eine sehr einheitliche Meinung: Die sanfte Landung der US-Wirtschaft gelingt im ersten Halbjahr 2024, die Fed senkt die Zinsen ab dem zweiten Quartal, Anleiherenditen und der US-Dollar geben nach und die Renditekurven versteilern sich. Gibt es dann Aussicht auf einen Aufschwung, stützt dies die Aktienmärkte und andere Risikoanlagen. Aktien und Anleihen versprechen positive, i.d.R. einstellige Renditen. Auch unser Basisszenario unterscheidet sich kaum von diesem Bild. Und in der Tat, die kühlere US-Inflation und die schwächeren US-Konjunkturdaten in den letzten Wochen sind damit konsistent. Problematisch ist aber, dass die Märkte dieses Szenario seit Ende Oktober weitgehend eingepreist haben. Tritt es also ein, dürfte sich das Potenzial an den Märkten in Grenzen halten. Kommt es anders, gibt es Enttäuschungspotenzial, denn die Risiken für das Basisszenario sind groß – wie 2023 könnte wieder vieles anders kommen. So dürften die nachgelagerten Effekte der restriktiven Geldpolitik vermehrt zum Tragen kommen, zumal der (Re-)Finanzierungsbedarf 2024 erheblich ist. Zudem dürfte der fiskalische Impuls, der die negativen Effekte der Zinserhöhungen bisher abgefedert hat, nachlassen. Die US-Präsidentschaftswahlen und die geopolitischen Spannungen sind weitere Unsicherheitsfaktoren. Das Risiko einer weniger sanften Landung ist daher nicht zu unterschätzen.
Erst mit mehr Klarheit hier und absehbaren Zinssenkungen dürften sich die Märkte auf einen Aufschwung beidseits des Atlantiks einstimmen und risikobehaftete Anlagen einen nachhaltigen Aufwärtstrend einschlagen. Eine breite, ausgewogene Portfolioaufstellung scheint somit weiter geboten. Zumal diese angesichts der in vielen Segmenten attraktiven Bewertungen (Nebenwerte, europäische Aktien) und laufenden Verzinsungen (EUR Pfandbriefe, EM-Lokalwährungsanleihen, Cat-Bonds) Chancen für eine positive Realentwicklung bietet.
Für 2024 wünsche ich Ihnen alles Gute!


