Horizonte Q1│2024 - Rohstoffe

Geopolitik und Konjunktur bestimmen Rohstoffe

Prof. Dr. Bernd Meyer und Team geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das erste Quartal 2024.

Öl mittelfristig mit Aufwärtspotenzial

Nach dem starken Sommer und Herbst startete Öl eher ernüchternd in das vierte Quartal. Erhöhte Nachfragesorgen (die US-Benzinnachfrage sank zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren) ließ Brent-Öl vom September-Hoch in Q4 um ca. 20 US-Dollar pro Barrel sinken. Mit dem Ausbruch des Israel-Hamas Kriegs kam es zu einer kurzen Gegenbewegung. Wegen der geographischen und politischen Nähe zur OPEC fürchteten Anleger Konsequenzen für das bereits knappe Angebot. Nachdem sich der Krieg als lokaler Konflikt abzeichnete, wurde die entstandene Risikoprämie jedoch bereits Anfang November wieder vollständig ausgepreist. Seitdem handelt Öl – zwischen Angebot- und Nachfragesorgen gefangen – datengetrieben in einer volatilen Abwärtsbewegung. Kurzfristig dürfte es Öl schwer haben nach oben auszubrechen. Mittelfristig überwiegen jedoch die Aufwärtsrisiken: auf der Angebotsseite dürfte die OPEC die Produktion knapp halten, die Bohraktivität der US-Schieferölindustrie ist rückläufig, und die globalen Lagerbestände sind historisch niedrig. Auf der Nachfrageseite dürften eine stärkere Nachfrage aus China und kältere Temperaturen im Winter die Preise stützen.

Öl: Bohraktivität der US-Schieferölindustrie ist rückläufig

Anzahl aktiver US-Ölbohrlöcher (4 Monate verzögert) gegenüber dem WTI-Ölpreis in US-Dollar pro Barrel

Zeitraum: 01.01.2013-11.12.2023
Quelle: Bloomberg, EIA, eigene Berechnungen

Gold nahe Allzeithoch mit kurzfristig begrenztem Potenzial

Gold glänzte im vierten Quartal. Rückenwind kam dabei von allen Seiten: Beflügelt durch die gestiegene Nachfrage nach sicheren Häfen im Zuge der geopolitischen Eskalation im Nahen Osten kletterte das Edelmetall Ende Oktober das erste Mal seit der Regionalbankenkrise im Frühjahr dieses Jahres über die US-Dollar 2.000-Marke. Durch einen niedrigeren Realzins und schwächeren Dollar gestützt knackte Gold nach einer Normalisierung Ende November dann erneut die 2.000-Marke. Schwächere US-Wirtschaftsdaten hatten die Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen verstärkt. Nahe des Allzeithochs ist das weitere Aufwärtspotenzial nun begrenzt. Nach einer Normalisierung der Preisentwicklung bedarf es wohl der tatsächlichen Zinssenkung der Fed als nächsten starken fundamentalen Treiber.

Gold: Rückenwind durch fallende Realzinsen und US-Dollar

Goldpreis in US-Dollar gegenüber Zinssatz 10-jähriger inflationsindexierter Treasuries (invertiert) und US-Dollar-Index (invertiert)

Zeitraum: 01.01.2023–11.12.2023
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen

Langfristiges Aufwärtspotenzial bei Metallen intakt

Der LME-Industriemetallindex fiel zu Beginn des vierten Quartals auf den niedrigsten Stand des Jahres. Der Metallkomplex litt im Gegensatz zu seinen Edelmetall- und Energierohstoffpendants unter den möglichen Folgen des Israel-Kriegs für die globale Konjunktur. Ausblickend scheint China die Konjunktur nun nachhaltiger stimulieren zu wollen. Werden die Konjunkturprogramme glaubhaft umgesetzt, dürften die Metalle zusätzlich zur bereits unterstützenden grünen Nachfrage Rückenwind erhalten.

Metalle: Grüne Nachfrage aus China stützt (bereits) langfristig

Nachfragewachstum in China seit Jahresstart und Chinas Anteil an der globalen Nachfrage einzelner Metalle

Zeitraum: 01.01.2023–30.11.2023
Quelle: Bloomberg, Goldman Sachs, eigene Berechnungen

Autor

Philina Kuhzarani
Multi Asset Strategy & Research Analyst
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