Herr Kreibich, Stiftungen haben häufig ganz spezielle Anlagebedürfnisse. Welche Bedeutung hat hierbei die Strategische Asset Allocation?
Michael Kreibich: Ein erfolgreiches Anlagekonzept besteht aus zwei aufeinander aufbauenden Bausteinen: Strategie und Taktik. Die Strategische Asset Allocation (SAA) definiert auf Basis der Renditeziele, Risikovorgaben und weiterer individueller Parameter der Stiftung eine langfristig ausgerichtete Basisallokation der zugelassenen Anlageklassen, von der im Rahmen taktischer Entscheidungen abgewichen werden kann.
Eine professionelle, diversifizierte SAA bildet das Fundament der Investmentstrategie und kann gemäß empirischer Untersuchungen über bis zu 90 Prozent des Anlageerfolgs entscheiden. Da Stiftungen auf die Erwirtschaftung von wiederkehren-den Ertragen angewiesen sind, mit denen der Stiftungszweck bedient wer-den kann, ist die SAA ein essentieller Baustein, um die langfristigen Anlageziele erreichen zu können.
Wie lässt sich ein Stiftungsportfolio im Zuge einer Straegischen Asset Allocation optimieren?
Kreibich: Der Prozess der SAA-Beratung beginnt im Regelfall mit unserem Portfolio Health Check. Dabei untersuchen wir den „Gesundheitszustand" des bestehenden Portfolios und erarbeiten einen Soll-Ist-Abgleich. Hierbei stellt sich häufig heraus, dass die langfristigen Anlageziele mit dem bestehenden Portfolio nicht erreicht werden können.
Eine Lösung hierfür kann eine strukturierte Portfoliooptimierung sein, bei der anhand eines finanzmathematischen Verfahrens effiziente Portfolios konstruiert werden. Das Ziel jeder Stiftung sollte es immer sein, sich für eines dieser diversifizierten Portfolios zu entscheiden, da in allen Fällen in Abhängigkeit des Renditeziels das Risiko minimiert wird.
Welche Trends beobachten Sie im aktuellen Marktumfeld, die insbesondere für Stiftungen relevant sind?
Kreibich: Die Anlageklasse Anleihen kann aufgrund der in diesem Jahr deutlich angestiegenen Renditeniveaus seit langer Zeit wieder einen nennenswerten Beitrag zu den ausschüttungsfähigen Erträgen leisten. Gleichzeitig beobachten wir aber auch deutlich höhere Inflationsraten. Um einem realen Kapitalverzehr vorzubeugen, sind Anlageklassen gefragt, welche einen Schutz vor Preissteigerungen bieten und gleichzeitig ordentliche Erträge generieren.
Dazu zahlen zum Beispiel Aktien von Qualitätsunternehmen, welche zur Wertsteigerung beisteuern und über die Dividendenkomponente zusätzlich einen Beitrag zum Stiftungszweck leisten können. Im illiquiden Bereich beobachten wir, dass Stiftungen vorsichtiger bei Immobilieninvestitionen werden. Hierbei lohnt ein Blick auf die Anlageklasse Real Estate Debt, welche im aktuellen Marktumfeld eine sinnvolle Ergänzung sein kann.
Wie sollte die SAA in den Anlageprozess integriert werden?
Kreibich: Die professionelle Umsetzung einer Strategischen Asset Allocation ist hochkomplex und sollte stets individualisiert durchgeführt werden. Daher lassen sich immer mehr Stiftungsverantwortliche von erfahrenen Consultants zu ihrer langfristigen Vermögensanlage beraten. Dieser Prozess sollte im Regelfall einmal pro Jahr durchlaufen werden, um auf veränderte Marktgegebenheiten reagieren zu können.