Der Zins ist zurück - attraktive Rentenmarktsegmente für Stiftungen

Nach Jahren der Niedrigzinspolitik führen die weltweiten Leitzinsanhebungen infolge der Trendwende in der Inflation wieder zu einer auskömmlichen Rendite am Rentenmarkt. Dieser wird damit besonders im aktuell unsicheren Kapitalmarktumfeld für Stiftungen immer interessanter, um attraktive und planbare Erträge zu erzielen und so den Stiftungszielen gerecht zu werden.

Das letzte Jahr hatte es in sich an den Kapitalmärkten. Die Inflation, der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise prägten die Medien und damit auch die Finanzmärkte. Diese sahen sich der aggressivsten geldpolitischen Straffung der letzten Jahrzehnte ausgesetzt, welche die Bewertungen über alle Anlageklassen hinweg scharf nach unten korrigierte. Auch diversifizierte Multi-Asset-Anleger hatten mit einem historisch schlechten Jahr zu kämpfen. Entgegen historischen Mustern funktionierte das gegenläufige Zusammenspiel aus Aktien und Anleiheentwicklung nicht, wodurch keine Absicherungs- und Diversifikationswirkungen erzielt werden konnten. Lediglich Rohstoffe konnten im vergangenen Jahr positiv zur Wertentwicklung beitragen.

Abbildung 1: Renditen 10-jähriger Staatsanleihen deutlich gestiegen

Quelle: Bloomberg, 31.12.2009 – 17.03.2023

Trotz des fulminanten Jahresauftakts an den Aktien- und Anleihemärkten konnte im Anleihesegment der Februar bereits nicht mehr an die positiven Entwicklungen des Jahresstarts anknüpfen. Steigende Renditen durch ein robusteres Wachstum und höhere als die erwarteten Inflationszahlen setzten Anleihen erneut unter Druck. Lediglich High Yield und europäische nachrangige Finanzanleihen weisen aufgrund einer vorteilhaften Kombination aus vergleichsweise kurzer Duration und hohem Carry per Ende Februar noch eine deutlich positive Performance auf.

Für Stiftungen kann es in der Geldanlage deshalb durchaus Sinn machen, die aktuell im Vergleich zu den vergangenen Jahren hohen Kupons auf Rentenpapiere bei ihrer Portfolioallokation wieder vermehrt zu berücksichtigen. Durch die wieder ansteigenden Kuponzahlungen wird die Rentenseite für Anleger attraktiv, wodurch sich Stiftungen weniger auf die Zahlungen von Dividenden verlassen müssen, um ihren Stiftungszweck zu finanzieren. Dies kann zu einem geringeren Portfoliorisiko führen, da Investoren weniger den Kursschwankungen von Aktien ausgesetzt sind. Gleichzeitig ist durch regelmäßige Zinserträge eine höhere Planungssicherheit möglich, als es bei Dividenden der Fall ist. Die Verzinsung auf der Rentenseite kann so als gutes Renditepolster für das Portfolio dienen. Trotz zuletzt gestiegener Kuponzahlungen bei Neuemissionen wird es noch eine Weile dauern, bis ein Großteil solcher Anleihen im Markt verfügbar sind, da noch sehr viele Anleihen mit niedrigen Kupons aus den vergangenen Jahren ausstehen.

Abbildung 2: Wieder steigende Kuponzahlungen nach über einem Jahrzehnt des Rückgangs

Quelle: Bloomberg, 31.12.2009 – 17.03.2023

Bereits attraktive Kupons bei Covered Bonds und Unternehmensanleihen des Investmentgrades möglich

Erwähnenswert ist, dass am Rentenmarkt aktuell bei risikoreicheren Papieren keine äquivalent höhere Rendite zu erwarten ist. Selbst wenn im High-Yield-Bereich Renditen von mehr als 7 Prozent möglich sind, erachten wir eine Beimischung im Anleiheportfolio angesichts deutlich höherer Risiken im Falle einer Rezession aktuell als nicht opportun. Dagegen bieten Covered Bonds und Unternehmensanleihen des Investmentgrades durchaus attraktive Renditen von 3,5 bis 5 Prozent bei vergleichsweise geringem Risiko. Dadurch können vor allem im Neuemissionsbereich hohe Kupons bereits bei guten Bonitäten erreicht werden. Ein weiterer Grund für Investmentgrade-Anleihen ist, dass im High-Yield-Segment die Erholungsbewegung bereits sehr weit fortgeschritten ist und die Bewertung nur noch als „fair“ zu beurteilen ist. Im aktuellen Umfeld ist für Stiftungen ein Fokus auf kürzlich emittierte Anleihen mit adäquat höheren Kupons empfehlenswert. In der aktuellen Marktphase ist allerdings eine Grundsatzentscheidung zu treffen. Es können Anleihen mit niedrigen Kupons gegen kürzlich emittierte Anleihen mit höheren Kupons getauscht werden. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Stiftung massive Kursverluste realisieren müsste, da diese Anleihen aktuell häufig im Bereich von 80 bis 90 Prozent ihres Nominalwertes handeln. Viele Stiftungen wollen diesen Verlust nicht in Kauf nehmen, da das grundsätzliche Ziel des Kapitalerhalts gefährdet wird, um dem Stiftungszweck langfristig gerecht zu werden.

Abbildung 3: Renditen unterschiedlicher Rentensegmente seit 2010

Quelle: Bloomberg, 31.12.2009 – 17.03.2023

Die optimale Duration für Stiftungen

Hinsichtlich der Duration empfehlen wir kurz- bis mittelfristige Laufzeiten, da diese weniger sensitiv auf weitere Volatilität an den Zinsmärkten reagieren dürften. Ein weiterer Grund für kürzere Laufzeiten sind die inverse Zinskurve sowie eine hohe Rendite im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Der Markt preist aktuell bereits zum Ende des Jahres die ersten Zinssenkungen durch die amerikanische Zentralbank ein, wobei die Europäische Zentralbank diesem Pfad mit zeitlicher Verzögerung folgen könnte. Für risikofreudigere Anleger können hingegen Anleihen mit einer langen Duration interessant sein, denn diese könnten von einer zum Jahresende erwarteten Zinssenkung durch die US-Notenbank von stärkeren Kursanstiegen profitieren, wenn sich die Zinsstrukturkurve nicht zu stark versteilert. Erste Zweifel an einer baldigen Zinssenkung ergeben sich durch die zuletzt sehr starken Arbeitsmarktdaten und Wirtschaftsindikatoren bei gleichzeitig hoher Inflation, die trotz der schnellsten Zinsanhebung seit den 1980er Jahren nur langsam zurückgeht. Eventuell stehen noch mehr Zinsschritte an, als vom Markt aktuell eingepreist sind. Auf der anderen Seite kann eine höhere Duration Sinn machen, sollten die Zentralbanken ihr Ziel erreichen und die Inflation auf ihr Zielniveau von 2 Prozent drücken. Im Falle einer ausbleibenden Rezession erwarten wir nur einen moderaten Rückgang der langlaufenden Renditen, bei einer deutlichen Rezession kann dieser Effekt auch stärker ausfallen. Sich das jetzige Zinsniveau für längere Zeit zu sichern wäre in diesem Szenario vorteilhaft, da das Zinsniveau dann deutlich niedriger als aktuell wäre. Wählt man die „goldene Mitte“, so sichert man sich mittelfristig das aktuelle Zinsniveau und ist durch die hohen Kupons vor etwaigen weiteren Zinsschritten der Zentralbanken relativ gut geschützt.

Chancen bei qualitativ hochwertigen Unternehmensanleihen

Bei der Auswahl von Unternehmensanleihen empfehlen wir aufgrund der Ausführungen der letzten beiden Abschnitte einen Fokus auf Qualität und auf Titel, die eine mittlere Duration aufweisen.

Zuletzt waren unserer Meinung nach europäische Finanzanleihen aus mehreren Gründen attraktiv. Generell haben Banken in Europa seit der Finanz- und Eurokrise ihre Bilanzen bereinigt und gestärkt, sind also in weitaus besserer Verfassung als allgemein oft angenommen. Dass sie ihre Hausaufgaben gemacht haben, ist sichtbar in einer deutlich besseren Kapitalausstattung, gesünderen Kreditportfolios und besseren Cost Income Ratios. Dazu kommen neue Ertragschancen durch das höhere Zinsniveau. In starker Verfassung sehen sie sich jedoch aktuell Problemen wie einer potenziellen Rezession und einer Korrektur am Immobilienmarkt ausgesetzt.

Attraktive Emerging Markets

Ein weiteres Segment, das in einem diversifizierten ausschüttungsorientierten Anleiheportfolio nicht fehlen sollte, sind Anleihen von Schwellenländern. Betrachtet man Anleihen aus Emerging Markets, so stellt man fest, dass die Zinsen sowohl im Hartwährungs- als auch im Lokalwährungsbereich im Jahr 2022 so stark angestiegen sind wie zuletzt während der Finanzkrise 2008/2009. Dementsprechend erachten wir im aktuellen Marktumfeld alle EM-Debt-Segmente als attraktiv, den größten relativen Vorteil sehen wir in diesem Jahr jedoch im Lokalwährungsbereich. Grundsätzlich gilt es hier jedoch zu beachten, dass Investoren die additive Volatilität aus der Zinsentwicklung und der Währungskomponente aushalten müssen, da Lokalwährungsanleihen neben Zinssensitivität auch zusätzlichen Währungsschwankungen unterliegen. Die bereits stark gestiegenen lokalen Renditen bieten bereits jetzt eine attraktive laufender Verzinsung bei, gerade im Vergleich zum Hartwährungssegment, relativ geringer Duration. Wenn die Zinserhöhungszyklen jedoch schneller als in den USA und Europa auslaufen, wird neben hohem laufendem Ertrag auch

wieder Preisperformance an Bedeutung gewinnen. Somit erscheint uns im Laufe des Jahres eine sukzessive Erhöhung der Duration im Markt für Lokalwährungsanleihen als opportun, um auch an dieser Entwicklung zu partizipieren.

Fazit: attraktive Ergänzung für das Portfolio

Durch den schnellen Zinsanstieg der Zentralbanken ist eine komplette Assetklasse wieder mehr in den Vordergrund von einkommensorientierten Investoren gerückt. Während Stiftungen in den vergangenen Jahren häufig auf die Zahlungen von weniger planbaren Dividenden angewiesen waren, um ihren Stiftungszweck zu erfüllen, ergeben sich durch kürzlich emittierte Anleihen neue Möglichkeiten, um selbst im Investmentgrade-Bereich attraktive Zinserträge zu erzielen. So können wieder regelmäßigere und planbarere Erträge erzielt werden. Eine äquivalent höhere Rendite im High-Yield-Bereich spiegelt aktuell nicht die höheren Risiken wider, daher raten wir in diesem Segment zur Zurückhaltung. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Duration, die das Risikoprofil der Investoren reflektieren sollte. So ist zum Zeitpunkt von Zinserhöhungen grundsätzlich eine kürzere Duration für Stiftungen zu empfehlen, um weniger sensitiv auf weitere Leitzinserhöhungen zu reagieren.

Duus Stefan
Stefan Duus
Leiter Kompetenzteam Stiftungen & NPOs
Telefon +49 40 350 60-361